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Keine Kostenerstattung für Beschaffung eines ausländischen Nationalpasses aus Mitteln der Sozialhilfe

Datum: 29.08.2013

Kurzbeschreibung: 

Der Kläger, ein irakischer Staatsangehöriger, hält sich seit 1998 im Bundesgebiet auf und verfügt seit 2004 über eine Aufenthaltserlaubnis. Er bezieht seit vielen Jahren Leistungen zur Sicherung seines Lebensunterhalts nach dem SGB II.

Die zuständige Ausländerbehörde hatte den Kläger in der Vergangenheit wiederholt aufgefordert, ihr einen gültigen Reisepass vorzulegen oder mitzuteilen, was der Vorlage eines solchen Dokuments entgegenstehe. In E-Mails vom Juli und September 2010 an seinen Prozessbevollmächtigten bat sie ebenfalls um Mitteilung, welche Bemühungen der Kläger hinsichtlich der Beschaffung eines irakischen Nationalpasses unternommen habe.

Bereits im Jahr 2009 hatte das Verwaltungsgericht Karlsruhe (VG) durch rechtskräftig gewordenes Urteil die Ausländerbehörde verpflichtet, dem Kläger einen Reiseausweis für Ausländer auszustellen, weil er einen irakischen Nationalpass nicht zu zumutbaren Bedingungen (u.a. Vorlage irakischer Originaldokumente, über die Kläger nicht verfügte, und die er nur bei seiner persönlicher Anwesenheit in seinem Heimatland erhalten könne) erlangen könne.

Drei Jahre nach Ergehen dieses Urteils und 21 Monate, nachdem die Ausländerbehörde ihn letztmals zur Passbeschaffung aufgefordert hatte, stellte der Kläger im Mai 2012 bei der Beklagten den Antrag, ihm die Kosten für die Beschaffung eines irakischen Nationalpasses aus Sozialhilfemitteln zu erstatten. Für ihn habe sich kurzfristig die Möglichkeit ergeben, in seinem Heimatland die erforderlichen Dokumente unter Mithilfe eines Bekannten, der sich kurzzeitig urlaubsbedingt aufhalte, zu erlangen. Er sei deshalb bereit, kurzfristig in den Irak zu fliegen. Ergänzend trug er später vor, er habe sich die erforderlichen Dokumente und den Nationalpass bei einem persönlichen Aufenthalt im Irak im Juni 2012 beschafft. Hierfür seien Kosten in Höhe von insgesamt 2.270,50 € angefallen, die ihm sein Prozessbevollmächtigter darlehensweise vorgestreckt habe. Die Beklagte lehnte den Antrag ab.

Die deswegen zum Sozialgericht Karlsruhe erhobene Klage hatte keinen Erfolg: seit dem 01.01.2011 seien Kosten für die Beschaffung von Ausweispapieren im Regelbedarf abgebildet. Ob dies auch für Kosten für die Ausstellung eines ausländischen Nationalpasses für Ausländer gelte, brauche das Gericht nicht abschließend zu entscheiden. Denn als Bezieher von (vorrangigen) Leistungen nach dem SGB II habe der Kläger von vornherein keinen Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII. Er gehöre auch nicht zum anspruchsberechtigten Personenkreis der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung. Auch ergebe sich kein Anspruch auf Übernahme der Kosten für die Beschaffung des irakischen Nationalpasses aus § 73 Satz 1 SGB XII (Hilfe in sonstigen Lebenslagen), weil die Übernahme von Kosten für die Ausstellung eines ausländischen Nationalpasses keine besondere, atypische Lebenslage darstelle, die eine Nähe zu den anderen im Fünften bis Neunten Kapitel des SGB XII geregelten Bedarfslagen aufweise. Überdies fehle es - bezogen auf den Zeitpunkt der Antragstellung im Mai 2012 - an einer sozialhilferechtlichen Bedarfslage des Klägers bzgl. der streitigen Kosten. Denn der Kläger habe der ihm als Ausländer obliegenden Passpflicht schon dadurch genügen können, dass er an Stelle eines (irakischen) Passes den ihm in Ausführung des Urteils des VG ausgestellten und wiederholt verlängerten Reiseausweise für Ausländer mit sich führe. Vor dem Hintergrund des rechtskräftig gewordenen Urteils des VG hätte er die wiederholten nichtförmlichen Aufforderungen der Ausländerbehörde zur Passbeschaffung sogleich unter Hinweis auf dieses Urteil ebenso nichtförmlich zurückweisen können. Damit habe für den Kläger im Juni 2012 erst recht keine Veranlassung bestanden, zu einer Passbeschaffung in sein Heimatland zu fliegen. Deshalb habe für ihn in Bezug auf die Beschaffung eines irakischen Nationalpasses auch keine entsprechende Bedarfslage vorgelegen. Zwar habe der Besitz eines Passersatzes nach aufenthaltsrechtlichen Bestimmungen seine Verpflichtung zur Passbeschaffung unberührt gelassen. Diese Verpflichtung bestehe indes nur im Rahmen des dem Ausländer Zumutbaren. Die Unzumutbarkeit der Mitwirkung bei der Passbeschaffung habe für den Kläger hier aber auch im Mai 2012 aufgrund des rechtskräftigen Urteils des VG, an dessen tatsächlichen Grundlagen sich seither nichts geändert habe, festgestanden (Urteil vom 29.08.2013 - S 1 SO 4002/12 -).

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