Navigation überspringen

Die Unterbrechung der Zahlung einer Witwerrente aufgrund von Nachforschungen, ob der Berechtigte noch am Leben ist, steht der Rücknahme eines Verwaltungsaktes gem. § 45 Abs. 3 Satz 4 SGB X auch nach Ablauf von zehn Jahren nicht entgegen

Datum: 13.05.2019

Kurzbeschreibung:    

Der Kläger wendet sich gegen die rückwirkende Aufhebung der Witwerrente seines verstorbe-nen Vaters und die damit verbundene Erstattung der überzahlten Leistung. Der Vater des Klägers bezog ab dem Jahr 1995 eine Witwerrente. Seine Wiederheirat im Jahr 2000 zeigte er nicht der beklagten Rentenversicherung an, weshalb sie die Rente weiterzahlte. Nachdem im Jahr 2015 die regelmäßig angeforderte und vom Berechtigten üblicherweise auch vorgelegte Lebensbescheinigung nicht bei der Beklagten einging, stellte sie die Zahlungen ein und ermittel-te. In Zuge dessen erfuhr sie im Juni 2016 vom Tod des Rentners Anfang desselben Monats. Zur Ermittlung der Erben der noch bis zum Todestag ausstehenden Rentenzahlungen forderte sie einen Auszug aus dem Personenstandsregister an, woraus sich die Wiederheirat ergab. Daraufhin hob sie den Rentenbescheid mit Wirkung ab der Wiederheirat auf und forderte die Erstattung der ab da gezahlten Rente von den Erben. Der Kläger wandte sich hiergegen u.a. mit der Begründung, eine Rücknahme sei aufgrund der bereits abgelaufenen Zehnjahresfrist nicht mehr möglich.

Die Klage vor der 3. Kammer des Sozialgerichts Karlsruhe hatte keinen Erfolg:

Der Rücknahme stehe nicht die zehnjährige Verjährungsfrist entgegen, denn ein Verwaltungs-akt über eine laufende Geldleistung könne auch später zurückgenommen werden, wenn die Geldleistung mindestens bis zum Beginn des Verwaltungsverfahrens über die Rücknahme gezahlt worden sei. Dabei sei die Vorschrift so auszulegen, dass „gezahlt“ nicht im Sinne eines tatsächlichen Geldtransfers, sondern vielmehr einer bestehenden Zahlungsverpflichtung zu verstehen sei. Dafür spreche vor allem der Zweck der Vorschrift. Denn § 45 SGB X sei Aus-druck des Grundsatzes, dass derjenige, der durch sein vorsätzliches oder grob fahrlässiges Verhalten unrechtmäßig Leistungen erlangt habe, keinen Vertrauensschutz genieße und weni-ger schutzwürdig als andere sei. Deshalb solle eine Rückforderung in weiterem Umfang mög-lich sein. Andernfalls könnten Zahlungsempfänger durch ihr Verhalten eine Unterbrechung der Zahlung herbeiführen und so mittelbar die Rückforderung der zu Unrecht bezogenen Leis-tungen verhindern. Diese Zweckrichtung ergebe sich auch aus der Gesetzesbegründung, wo-nach eine zeitliche Begrenzung des Rückzahlungsanspruchs auf zehn Jahre nur in solchen Fällen stattfinde, in denen eine bestandskräftige Entscheidung über das Schicksal der Zahlung der streitigen Geldleistung vorliege. Dies sei im hiesigen Rechtsstreit allerdings zu verneinen. Insbesondere aus der Erbensuche durch die Beklagte werde deutlich, dass diese den Sachver-halt gerade nicht als abgeschlossen betrachtet habe.

Urteil vom 10.01.2019, Az. S 3 R 339/18 - nicht rechtskräftig

Diese Website verwendet Cookies. Weitere Informationen erhalten Sie unter Datenschutz.